Besteht die Pflicht zur Leistung von Unterhaltszahlungen an minderjährige Kinder, muss der Unterhaltsverpflichtete dann keinen Unterhalt (mehr) leisten, wenn er nicht dazu in der Lage ist, ohne dadurch seinen eigenen angemessenen Lebensunterhalt zu gefährden. Im Einzelfall ist fraglich, was noch zum "angemessenen Lebensunterhalt" zu zählen ist.
Der Bundesgerichtshof hat kürzlich entschieden, dass auch die Erstausbildung zum eigenen Lebensbedarf gehört und Unterhaltsleistungen gegenüber vorrangig zu bewerten ist. Das hat zur Folge, dass der zum Unterhalt Verpflichtete die Kosten für seine eigene berufliche Erstausbildung aufbringen und von dem ihm dann noch verbleibenden Geld die Unterhaltsleistungen bestreiten darf. Das gilt auch im Falle der sog. gesteigerten Unterhaltspflicht, nach der Eltern ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet sind, alle verfügbaren Mittel zu ihrem Unterhalt und zu dem der Kinder gleichmäßig zu verwenden.
Ein Vorrang der Unterhaltszahlungen vor der Ausbildung kann nur dann gelten, wenn der Unterhaltspflichtige bereits eine Ausbildung abgeschlossen hat und daher lediglich eine Zweitausbildung oder Weiterbildung absolviert.
Quelle: BGH, Urt. v. 04.05.2011 - XII ZR 70/09
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Diana Frobel - Rechtsanwältin - Cottbus
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