Wegen Verfassungsverstoßes: Vater eines nichtehelichen Kindes darf nicht von der elterlichen Sorge ausgeschlossen werden

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts am 01.07.1998 wurde nicht miteinander verheirateten Eltern erstmals die Möglichkeit eröffnet, für ihr Kind gemeinsam zu sorgen - unabhängig davon, ob sie zusammenleben. Voraussetzung hierfür ist, dass sie dies tatsächlich wollen und beide Elternteile entsprechende Erklärungen abgeben. Anderenfalls bleibt die Mutter alleinige Sorgerechtsinhaberin für das nichteheliche Kind. Auch eine Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge von der Mutter auf den Vater kann bei dauerhaftem Getrenntleben der Eltern nur mit Zustimmung der Mutter erfolgen. Gegen ihren Willen kann der Vater eines nichtehelichen Kindes das Sorgerecht erhalten, wenn der Mutter wegen Gefährdung des Kindeswohls die elterliche Sorge entzogen wird, ihre elterliche Sorge dauerhaft ruht oder wenn sie stirbt.

Diese bisher geltenden Grundsätze hat das Bundesverfassungsgericht nun auf die Klage des Vaters eines mittlerweile 12-jährigen nichtehelich geborenen Kindes hin gekippt. Die Eltern trennten sich noch während der Schwangerschaft der Mutter. Der gemeinsame Sohn lebt seit seiner Geburt 1998 im Haushalt der Mutter, hat aber regelmäßig Umgang mit seinem Vater. Dieser erkannte die Vaterschaft an. Eine Erklärung zur Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge wurde von der Mutter jedoch verweigert. Als diese einen Umzug mit dem Kind beabsichtigte, beantragte der Vater die teilweise Entziehung des Sorgerechts der Mutter und die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf ihn selbst.

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die bisher geltenden gesetzlichen Regelungen zum Sorgerecht für nichteheliche Kinder mit dem Grundgesetz unvereinbar sind. Bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung hat es daher Folgendes angeordnet: Das zuständige Familiengericht muss auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil davon beiden Elternteilen gemeinsam übertragen, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht.

Quelle: BVerfG, Urt. v. 21.07.2010 - 1 BvR 420/09


Diana Frobel - Rechtsanwältin - Cottbus

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