Die Verfahrenskostenhilfe (VKH) ist ein staatliches
Instrument, das die Durchsetzung des eigenen
Rechts auch Menschen mit geringen bzw. keinen
Geldmitteln ermöglichen soll. Dass dieses Ass jedoch
nicht aus dem Ärmel gezogen werden sollte, bevor
mildere Mittel als der offizielle Klageweg probiert
worden sind, zeigt der folgende Fall des
Oberlandesgerichts Brandenburg (OLG).
Eine Kinderärztin hatte die Frühförderung eines
Kindes empfohlen, aber der Vater hatte nicht
zugestimmt. Darauf beantragte die Mutter beim
Familiengericht, dies allein entscheiden zu dürfen. Weil
sie sich keinen Anwalt leisten konnte, beantragte
sie dafür VKH. Das in der Sache zuständige Amtsgericht
(AG) wollte zunächst wissen, ob es eine gemeinsame
Beratung der Eltern beim Jugendamt gegeben habe,
was verneint wurde. Im weiteren Verlauf stimmte der
Vater außergerichtlich der Frühförderung zu und
erklärte, er sei nie dagegen gewesen, sondern habe
sich nicht gut informiert gefühlt. Das Verfahren war
somit zwar erledigt, aber die Kosten des Anwalts der
Mutter waren jedoch noch offen. Diese Kosten
bekam die Mutter auch nicht von der Staatskasse -
nicht nach dem AG und nicht nach dem OLG.
Es ist letztendlich auch laut OLG mutwillig gewesen,
sofort zu klagen, statt zuerst kostenfreie
Angebote - beispielsweise durch das Jugendamt - zu
nutzen, wie es auch Selbstzahler getan hätten. Erst
wenn außergerichtliche Bemühungen fehlgeschlagen oder
erkennbar aussichtslos sind oder gar eine
besondere Dringlichkeit besteht, ist die VKH
grundsätzlich zu gewähren.
Hinweis: In vielen Städten hat das Jugendamt die
Elternberatung an freie Träger delegiert. Sie
müssen regional klären, welche Voraussetzungen an
den vergeblichen Einigungsversuch geknüpft werden,
und dazu auch dem Gericht etwas vortragen. Das
betrifft alle Kindschaftssachen wie das Sorge- und
Umgangsrecht.
Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 15.11.2021 - 13 WF 189/21