Lange Trennungszeit allein beeinflusst nicht den Zugewinnausgleich

Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung anlässlich der Scheidung kommt es grundsätzlich auf zwei Daten an. Zum einen auf den Tag der Zustellung des Scheidungsantrags, denn dieser definiert den Zeitpunkt, an dem das sogenannte Endvermögen bestimmt wird. Und zum anderen auf den Tag der Eheschließung, der maßgeblich für das sogenannte Anfangsvermögen ist. Der Zugewinn jedes Ehegatten ist die Differenz von Anfangs- und Endvermögen.

Das Gesetz sieht einige Regelungen vor, durch die gewisse Korrekturen an diesem starren Stichtagsprinzip vorgenommen werden. Eine von ihnen gewährt die Möglichkeit, insgesamt eine Reduktion des rein mathematisch ermittelten Zugewinnausgleichs vorzunehmen, wenn ansonsten das Ergebnis nach den Umständen des Falls grob unbillig wäre. Die Rechtsprechung macht aber nur in ganz seltenen Ausnahmefällen von dieser Korrekturmöglichkeit Gebrauch.

So wurde dem Bundesgerichtshof (BGH) vor kurzem die Frage vorgelegt, ob ein solcher Sonderfall vorliegt, wenn nach knapp 18-jähriger Ehe die Trennung erfolgt, aber erst gut weitere 17 Jahre später das Scheidungsverfahren eingeleitet wird und der erhebliche Zugewinn des einen Ehegatten im Wesentlichen erst in der Trennungszeit eintrat. Konkret war es so, dass der Ehemann bei der Trennung über Immobilienbesitz verfügte, der daraufhin aufgrund besonderer Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt massiv an Wert zulegte.

Der BGH entschied, dass die Frau über den Zugewinnausgleich an dieser Wertsteigerung zu beteiligen ist. Der Gesichtspunkt der groben Unbilligkeit gelte nur, wenn dem Wertzuwachs jede innere Beziehung zur ehelichen Lebensgemeinschaft fehlt. Dies war aber schon deshalb nicht der Fall, weil der Mann über den Immobilienbesitz bereits vor der Trennung verfügte.

Hinweis: Die Entscheidung zeigt, wie wichtig es ist, den Faktor Zeit bei der familienrechtlichen Auseinandersetzung zu berücksichtigen. Intensive und genaue rechtliche Beratung und Betreuung sind angebracht. Im entschiedenen Fall hätte der Mann dadurch viel Geld gespart, auch wenn die Beratung naturgemäß zu bezahlen gewesen wäre.


Quelle: BGH, Urt. v. 09.10.2013 - XII ZR 125/12

Diana Frobel - Rechtsanwältin für Familienrecht - Cottbus