Es kommt immer häufiger vor, dass Kinder für ihre Eltern Unterhalt leisten müssen. Denn Einkünfte oder Vermögen der Eltern reichen oft nicht aus, um zum Beispiel die Heimkosten zu bezahlen. In welchem Umfang die Kinder wegen der nicht gedeckten Kosten zur Kasse gebeten werden können, ist im Einzelfall zu prüfen. Das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) hat in dem Zusammenhang außerdem die Frage geprüft, wann der Unterhaltsanspruch wegen einer gestörten Eltern-Kind-Beziehung verwirkt ist.
Für den in einem Heim lebenden Mann verlangte der Sozialhilfeträger von dessen Sohn Elternunterhalt. Der Sohn verweigerte die Zahlung. Er war der Ansicht, dass er wegen des Verhaltens des Vaters ihm gegenüber in der Vergangenheit aus Billigkeitsgründen nichts zu zahlen habe. Nach der schwierigen Scheidung der Eltern war der Sohn bei der Mutter geblieben. Der Vater schickte ihm noch einige Postkarten aus dem Urlaub. Gelegentliche Besuche des Kindes beim Vater fanden nach etwa einem Jahr ihr Ende. Als der Sohn dem Vater von seinem bestandenen Abitur berichtete, zuckte der nur mit den Achseln. Auch an der Verlobung und späteren Heirat des Sohnes zeigte er kein Interesse. Ein Aufeinandertreffen anlässlich der Beerdigung des Großvaters veranlasste den Vater nicht, mit seinem Sohn zu sprechen. Im selbst verfassten Testament des Vaters wurde der Sohn auf den "strengsten Pflichtteil" herabgesetzt.
Bei einem derartigen Verhalten, bei dem Kontakte und Bemühungen allein vom Sohn ausgingen und sich der Vater um nichts kümmert, ist ein späterer Unterhaltsanspruch des Vaters gegenüber dem Sohn verwirkt.
Hinweis: Billigkeitsentscheidungen sind Einzelfallentscheidungen. Dabei kann es auch darauf ankommen, wie Kindheit und Jugend erlebt wurden. Zurückweisung kann ein Trauma auslösen - in besonderem Maße bei demjenigen, der sich erfolglos bemüht - mit der eventuellen Folge, dass im Alter kein Elternunterhalt gezahlt werden muss.
Quelle: OLG Oldenburg, Beschl. v. 25.10.2012 - 14 UF 80/12
Diana Frobel - Rechtsanwältin für Familienrecht - Cottbus