Bei einer Scheidung erhält im Regelfall jeder Ehegatte vom anderen die Hälfte der in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften. Hat ein Ehegatte zum Beispiel eine Rentenanwartschaft auf eine Rente in Höhe von 1.000 EUR erarbeitet, gehen 500 EUR davon bei Scheidung auf das Rentenkonto des anderen. Das bis zum 31.08.2009 geltende Recht enthielt Besonderheiten, die das nun geltende Recht nicht mehr kennt.
Bezog zum Beispiel der Mann bei Scheidung bereits die Rente, während die von ihm geschiedene Frau jünger und deshalb selbst noch nicht rentenberechtigt war, galt nach altem Recht das sogenannte Rentnerprivileg. Das bedeutete, die Rente wurde nicht gekürzt, bis auch die Frau rentenberechtigt war. Die Rente wurde also immer ausbezahlt, zunächst ungekürzt an den Mann, dann ab Erreichen des Rentenalters der Frau teilweise an sie.
Diese Besonderheit hat der Gesetzgeber zum 01.09.2009 abgeschafft. Seither erfolgt in jedem Fall die Kürzung der Rente des Mannes - auch dann, wenn seine eventuell deutlich jüngere geschiedene Ehefrau Jahre darauf warten muss, in den Genuss des anderen Teils der Rente zu kommen. Dass auf diese Weise bei der Scheidung ein Teil der Rente vorübergehend an niemanden ausbezahlt wird, ist beabsichtigte Folge der Regelung.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte nun über einen Sonderfall zu entscheiden: Das Scheidungsverfahren war vor dem 31.08.2009 eingeleitet worden - also nach altem Recht. Wegen Unklarheiten zu den Statuten der Versorgungsträger wurde der Versorgungsausgleich zunächst nicht durchgeführt. Die Scheidung wurde ausgesprochen, die Regelung zum Versorgungsausgleich wurde als separater Verfahrensteil abgetrennt. Nach Beilegung der Streitigkeiten zu den Vertragsbestimmungen wurde dann der Versorgungsausgleich durchgeführt, jedoch nach neuem Recht. In dieser Situation, so entschied der BGH, gilt insgesamt neues Recht. Es gibt in diesen Fällen also kein Rentnerprivileg mehr.
Hinweis: Einigkeit besteht, dass die gesetzliche Neuregelung verfassungsgemäß ist, auch wenn somit ein Teil der Rente für eine gewisse Zeit ganz einfach verlorengeht.
Quelle: BGH, Beschl. v. 13.02.2013 - XII ZB 527/12
Diana Frobel - Rechtsanwältin für Familienrecht - Cottbus