Eltern sind verpflichtet, für ihre Kinder Unterhalt zu zahlen, bis diese wirtschaftlich selbständig sind. Dann haben sie ihre Unterhaltspflicht erfüllt. Wie aber sieht es aus, wenn das Kind seine bereits erlangte wirtschaftliche Selbständigkeit verliert und wieder bedürftig wird?
Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) auseinandergesetzt. Für einen 38 Jahre alten Sohn wurde Unterhalt verlangt, nachdem dieser seine Erwerbstätigkeit verlor und wegen Depressionen und Alkoholabhängigkeit arbeitsunfähig wurde.
Der BGH betont in seiner Entscheidung, dass Eltern für ihre Kinder finanziell einzustehen haben. Diese Verpflichtung besteht aber nur bis zu dem Zeitpunkt, da die Kinder ihre wirtschaftliche Selbständigkeit erlangt haben. Ist diese erreicht, dürfen sich die Eltern darauf einrichten, von ihren Kindern nicht weiter auf Unterhalt in Anspruch genommen zu werden - und zwar dauerhaft.
Kommt es wider Erwarten erneut zu einer Bedürftigkeit des Kindes, kann sich durchaus die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung ergeben. Es ist aber ein großzügiger Maßstab anzulegen. Diese Konstellation ist - so der BGH - mit der Situation vergleichbar, wenn Unterhalt für die Eltern gezahlt werden muss. In beiden Fällen können die Unterhaltspflichtigen geltend machen, dass sie einen relativ hohen Betrag für sich selber benötigen. Für den Unterhaltsanspruch sowohl von Eltern als auch von wieder bedürftig gewordenen Kindern kann immer nur der Betrag herangezogen werden, den die Unterhaltspflichtigen für den eigenen Bedarf nicht benötigen. Als grobes Kriterium gilt, dass es verwehrt ist, sich Luxus zu gönnen.
Werden Eltern von Kindern in Anspruch genommen, die zwar aufgrund ihres Alters beruflich selbständig sein könnten, es aber noch nie waren, ist es deutlich schwerer, die Haftung für den Unterhalt auf dieses reduzierte Maß wie im entschiedenen Fall zu beschränken.
Hinweis: Unterhaltsfragen sind meist nicht leicht zu lösen. Gerade im Umgang mit Behörden ist es angebracht, sich anwaltschaftlichen Rat einzuholen.
Quelle: BGH, Urt. v. 18.07.2012 - XII ZR 91/10
Diana Frobel - Rechtsanwältin für Familienrecht - Cottbus