Ein Vater zahlte keinen Unterhalt für sein Kind, weil er keine Einkünfte hatte. Entgegengehalten wurde ihm, dass er dennoch in der Lage sei, einer Beschäftigung nachzugehen, somit Einkünfte zu erzielen und Unterhalt zu zahlen.
Das Bundesverfassungsgericht erklärte es für prinzipiell zulässig, fiktive Einkünfte für die Unterhaltsfrage zugrunde zu legen, wenn reale Einkünfte fehlen.
Allerdings darf nicht ohne weiteres und pauschal angenommen werden, fiktive Einkünfte seien erzielbar. Vielmehr muss eine Prüfung des konkreten Falls vorgenommen werden. Zu berücksichtigen sind dabei
- das Alter des Unterhaltspflichtigen,
- seine berufliche Qualifikation,
- seine Erwerbsbiographie,
- sein Gesundheitszustand und
- das allgemeine Vorhandensein von Arbeitsstellen.
Ein Gericht, das auf die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt erkennen will, muss näher und konkret zu diesen Punkten in seiner Entscheidung Stellung nehmen. Andernfalls darf es den Unterhalt nicht zusprechen.
Hinweis: Wer Unterhalt von einem Nichterwerbstätigen begehrt, darf sich also nicht darauf beschränken, vorzutragen, dieser könne Einkünfte erzielen, "wenn er sich nur genügend Mühe gibt". Vielmehr ist näher dazu Stellung zu nehmen, inwiefern dies der Fall ist. Wer Unterhalt begehrt, muss also möglichst genau beschreiben, welche berufliche Position der Pflichtige konkret einnehmen könnte.
Quelle: BVerfG, Beschl. v. 18.06.2012 - 1 BvR 1530/11
Diana Frobel - Rechtsanwältin für Familienrecht - Cottbus