Preisgebundener Wohnraum: Anspruch des Vermieters auf Vertragsanpassung im langjährigen Mietverhältnis

Auch wenn der Mieter zu viel Miete gezahlt hat, weil eine Mieterhöhung gegen die Vorschriften für preisgebundenen Wohnraum verstößt, kann er die zusätzlich gezahlten Beträge nicht unbeschränkt zurückverlangen.

Die Klägerin ist seit 1981 Mieterin einer Wohnung in Berlin. Das Ende des 19. Jahrhunderts errichtete Gebäude wurde Ende der 1970er Jahre von der ursprünglichen Eigentümerin, insoweit der Vorgängerin der beklagten Wohnungsbaugesellschaft, mit öffentlichen Mitteln saniert. Laut Mietvertrag ist die Wohnung öffentlich gefördert.

Die Grundmiete - ursprünglich 379,64 DM (194,11 EUR) - wurde von der Vermieterin mehrfach erhöht, zuletzt ab Juli 2007 auf 481,59 EUR. Die Mieterin zahlte die erhöhte Miete jeweils in vollem Umfang. Mit der Klage verlangt sie Rückzahlung der von ihr in den Jahren 2004-2007 gezahlten Mieten, soweit die Zahlungen über den monatlichen Grundbetrag von 194,11 EUR hinausgegangen sind - insgesamt also rund 12.600 EUR. Sie meint, die Miete habe nicht einseitig erhöht werden dürfen, weil die in den siebziger Jahren durchgeführte Sanierung nicht die gesetzlichen Voraussetzungen erfülle und es sich deshalb nicht um preisgebundenen Wohnraum handele. Die Mieterhöhungen seien daher unwirksam, so dass weiterhin die ursprünglich vereinbarte Nettokaltmiete in Höhe von monatlich 194,11 EUR gelte.

Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung, dass die Preisbindung der Wohnung Geschäftsgrundlage des Mietvertrags geworden und der Vermieterin bei Fehlen dieser Geschäftsgrundlage ein unverändertes Festhalten am Vertrag nicht zuzumuten ist. Denn die vor mehr als 25 Jahren vereinbarte Ausgangsmiete beträgt nur 40 % der zuletzt verlangten Kostenmiete und nur etwa 44 % der ortsüblichen Vergleichsmiete des Jahres 2007. Die Vermieterin kann Mieterhöhungen für die Vergangenheit nicht mehr nachholen und den Stand der ortsüblichen Vergleichsmiete auch für die Zukunft auf absehbare Zeit nicht erreichen. Ohne eine Vertragsanpassung bestünde daher ein erhebliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Obergrenze für eine Vertragsanpassung ist aber die ortsübliche Vergleichsmiete.

Hinweis: Als Mieter sollten Sie grundsätzlich versuchen, nach einer erfolgten Mieterhöhung zeitnah mit dem Vermieter darüber zu sprechen und/oder eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen. Denn ein zu langes Warten kann u.U. den Verlust der eigenen Rechtsposition bedeuten.

Quelle: BGH, Urt. v. 24.03.2010 - VIII ZR 160/09


Diana Frobel - Rechtsanwältin - Cottbus

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